Kita-Kind hält Pak-Choi im Arm und lacht.
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Analyse und Optimierung eines veganen Kita-Mittagsangebotes

Quelle: adobestock © Wayhome Studio

Das Forschungsinstitut für pflanzenbasierte Ernährung (IFPE) hat das vegane Mittagsangebot einer Kita analysiert. Ziel war, mögliche Energie- und Nährstoffdefizite im Speisenangebot zu identifizieren und zu optimieren.

Forscher*innen des Institutes für pflanzenbasierte Ernährung (IFPE) haben das vegane Mittagsangebot einer Kita hinsichtlich Nährstoff- und Energieversorgung geprüft. Ziel war, die Nährstoffzusammensetzung und den Energiegehalt der Speisen quantitativ zu analysieren. Für ihre Analyse entwickelten sie eine Checkliste, die sie u.a. aus der „Gießener veganen Lebensmittelpyramide“ ableiteten und an die kindlichen Bedarfe anpassten. Als Zielwert setzten die Autor*innen die anteiligen Mittagsempfehlungen für die Gemeinschaftsverpflegung gemäß der D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr.

Nach Annahme der Autor*innen führt die tendenziell steigende Anzahl vegetarisch und vegan lebender erwachsener Menschen in Deutschland dazu, dass viele von ihnen auch ihre Kinder fleischlos oder vollständig ohne tierische Produkte ernähren und dies auch in der Kitaverpflegung umgesetzt wissen möchten. Die Forscher*innen stützen ihre Vermutung auch durch die Tatsache, dass im Jahr 2018 zwei Kindertagesstätten in Deutschland mit einem ausschließlich veganen Verpflegungsangebot eröffnet wurden.

Weil der Qualitätsstandard für die Verpflegung in Kitas der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) tierische Produkte zur Deckung der Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr einschließt, sei dieser nicht als Leitlinie für eine vegan ausgerichtete Gemeinschaftsverpflegung in Kitas geeignet, so die Forscher*innen. Die Arbeit solle deshalb dazu beitragen, diese Lücke zu schließen.

Lebensmittelbezogener Speisenplan-Check

Eine händische Auszählung mithilfe der Checkliste zeigte, wie häufig bestimmte Lebensmittelgruppen im Original-Speisenplan der Kita vorkamen. Das Ergebnis wies deutliches Verbesserungspotenzial auf. So wurden die Empfehlungen hinsichtlich Vollkornprodukten und Obst nicht erfüllt. Es fehlte außerdem der Einsatz von Nüssen und Samen und daraus hergestellter Muse, Rapsöl galt nicht als Standardöl. Die Kita verwendete weder jodiertes Speisesalz, noch kamen mit Vitamin B12 bzw. Vitamin D angereicherte Pflanzendrinks zum Einsatz. Nach einer Optimierung des Speisenplans durch die Forscher*innen wurden alle lebensmittelbezogenen Kriterien erfüllt.

Nährstoffbezogener Speisenplan-Check

In einer  Nährwertanalyse (Berechnung der Rezepturen mithilfe eines Nährwertberechnungsprogramms) des optimierten Speisenplans ermittelten die Expertinnen und Experten, inwieweit die auf die Mittagsverpflegung bezogenen D‑A‑CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr erreicht wurden. Die Energiegehalte wurden erreicht. Die Protein- und Kohlenhydratgehalte lagen geringfügig unter den Referenzwerten, während der Fettgehalt etwas darüber lag. Die angestrebten Werte der Vitamine B12 und D konnten nicht erfüllt werden, auch den Kalziumgehalt bewerteten die Forscher*innen als zu niedrig. Die Gehalte aller anderen Nährstoffe waren entweder empfehlungsgerecht oder konnten teilweise um das Doppelte übertroffen werden.

Fazit

In ihrem Fazit halten die Forscher*innen fest, dass eine optimierte vegane Kitaverpflegung das Potenzial hat, die für die Mittagsverpflegung anteiligen D-A-CH-Referenzwerte für die Energie- und Nährstoffzufuhr von Kleinkindern für viele Nährstoffe zu decken. Der Bedarf der meisten in einer veganen Ernährung kritischen Nährstoffe könne gedeckt werden, so die Autor*innen, jedoch nicht für die Vitamine B12 und D. Sie betonen, dass bei der Planung und Zubereitung der Speisen definierte Kriterien und Empfehlungen zu beachten seien. Die vorgestellte lebensmittelbezogene Checkliste sei ein erster Ansatz für die Definition und Umsetzung dieser Kriterien.

Die Versorgung mit Vitamin B12 und D müsse durch die Eltern und außerhalb der Einrichtung sichergestellt werden. Die Checkliste könne als Arbeitsgrundlage für die Rezepturplanung, Einkauf und Küche sowie für weitere an der Verpflegung beteiligten Fachkräfte dienen. Ein fortgeführter Praxistest der Checkliste inklusive Evaluation könne beispielsweise dazu beitragen, dass in den  Qualitätsstandards für die Verpflegung in Kitas auch Richtlinien integriert werden, die eine bedarfsangepasste rein pflanzliche Verpflegung sicherstellten – dies mit dem Ziel, das gesundheitsförderliche Potenzial pflanzlicher Ernährungsweisen besser auszuschöpfen und gleichzeitig das Risiko für mögliche Nährstoffdefizite zu minimieren.

NQZ: Weitere Expertise notwendig

Aus Sicht des NQZ zeigt diese wissenschaftliche Arbeit, dass es weitreichende fachliche Expertise braucht, um zielgruppengerechte vegane Angebote für Kinder zu planen und zuzubereiten. Kinder sind gerade im jungen Alter besonders schützenswert. Die DGE weist in ihrer „Position zur veganen Ernährung hinsichtlich Bevölkerungsgruppen mit besonderem Anspruch an die Nährstoffversorgung“ auf die erhöhten Risiken für eine Nährstoffunterversorgung sowie für einen Nährstoffmangel und deren teilweise irreversibler Konsequenzen durch eine vegane Ernährung hin. Es bedarf eines professionellen Verpflegungsmanagements, damit verhindert wird, dass solche Risiken durch eine nicht angepasste Kitaverpflegung entstehen. Deshalb braucht es als Basis wissenschaftlich fundierte, umfassend praxiserprobte und -orientierte und separate Qualitätsstandards, um dieser besonderen Ernährungsform auch im Kontext der Kitaverpflegung gerecht zu werden.

Derzeit stellt sich die Fachkräfte-Situation noch nicht zufriedenstellend dar. Studien zeigen („Is(s)t Kita gut?“ 2014, VeKiTa 2016) eine zu geringe Ausstattung mit ausgebildeteten (hauswirtschaftlichen) Fachkräften in Kitas und bei Caterern. Es ist daher naheliegend, dass die spezifischen und insbesondere nährwertbezogenen Fachkenntnisse, die für eine vegane Verpflegung benötigt werden, noch nicht ausreichend vorhanden sind.

Ein ovo-lakto-vegetarisch ausgerichteter Speiseplan erfüllt bei Kindern aller Altersgruppen die Ernährungsempfehlungen der DGE. Solange o.g. Qualitätsstandards fehlen, können vegane Menükomponenten in Ergänzung ein solches Speisenangebot bereichern.

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