Ein Kind im Regenanzug spielt mit Auto in einer Pfütze.
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Gesundheitskompetenz sinkt

Quelle: pixabay.com © Arek Socha

Die Gesundheitskompetenz der Deutschen hat sich weiter verschlechtert, so das Ergebnis einer Studie der Universität Bielefeld. Zur Stärkung seien verschiedene Interventionen notwendig. Eine qualitativ hochwertige Kita- und Schulverpflegung kann im Kontext von Ernährungsbildung einen gesunden und nachhaltigen Lebensstil befördern. Hierfür engagiert sich das Nationale Qualitätszentrum für Ernährung in Kita und Schule (NQZ).

Gesundheitskompetenz (Health Literacy) beschreibt die Fähigkeiten, gesundheitsrelevante Informationen ausfindig zu machen, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden. Mit der repräsentativen Studie HLS-GER (Health Literacy Survey Germany) wurde 2014 eine erste Datengrundlage zur Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Deutschland geschaffen. Nun zeigt die Wiederholungsbefragung HLS-GER 2 des Interdisziplinären Zentrums für Gesundheitskompetenzforschung (IZGK) der Universität Bielefeld, dass sich die Situation weiter verschlechtert hat.

Sinkende Kompetenz, sozial ungleiche Verteilung

Mit etwa 59 % hat mehr als die Hälfte der Bevölkerung eine geringe Gesundheitskompetenz (2014: 54%). Die Studie zeigt außerdem eine sozial ungleiche Verteilung. Besonders Menschen mit niedrigem Bildungsgrad, niedrigem Sozialstatus oder mit Migrationserfahrung weisen eine durchschnittlich geringere Gesundheitskompetenz auf. Anders als in zurückliegenden Untersuchungen zeigen die Ergebnisse zudem, dass vermehrt jüngere Menschen zwischen 18 und 29 Jahren Schwierigkeiten im Umgang mit Gesundheitsinformation haben.

Folgen auch für Ernährungsverhalten und Gewichtsstatus

Eine geringe Gesundheitskompetenz hat zahlreiche negative Folgen und ist mit ungesundem Verhalten wie etwa geringerer Bewegung, schlechterer Ernährung, häufigerem Übergewicht oder intensiverer Nutzung des Gesundheitssystems verbunden, so die Autor*innen. Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig die Stärkung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung und die dazu nötige Interventionsentwicklung, Forschung und auch Netzwerkbildung ist.

Nationaler Aktionsplan Gesundheitskompetenz (NAP)

Die Daten aus HLS-GER 2 können als Grundlage für Interventionen dienen, so die Forscher*innen weiter, um auch die Empfehlungen des Nationalen Aktionsplans zur Förderung der Gesundheitskompetenz (NAP) umzusetzen. Der NAP ist ein Kooperationsprojekt der Universität Bielefeld und der Hertie School und enthält in vier Handlungsfeldern zahlreiche Empfehlungen. An erster Stelle steht das Handlungsfeld Lebenswelten, weil der Erwerb von Gesundheitskompetenz in der Lebensumwelt und im Alltagsleben durch die dort herrschenden Bedingungen besonders beeinflusst ist. Gesundheitsbewusste Ernährungsgewohnheiten sind Teil eines insgesamt gesundheitsförderlichen Lebensstils. Die in dieser Hinsicht frühe Förderung in Kindertagesbetreuung und Schule ist besonders wichtig, denn dort ist Essen und Trinken Alltagshandlung, die ein tägliches Erfahrungslernen ermöglicht.

Die Esskultur, die von einem gesundheitsförderlichen und nachhaltigen Speisenangebot ausgeht, hat daher eine große Signalwirkung. Im Kontext von Ernährungsbildung kann eine qualitativ hochwertige Verpflegung einen gesunden und nachhaltigen Lebensstil fördern, einen Beitrag zur Prävention von Fehlernährung und Übergewicht leisten und damit zur Stärkung von Gesundheitskompetenz beitragen. Dies gelingt, wenn alle Akteure die Verpflegung als Teil des Bildungsauftrags anerkennen.

Zum Hintergrund der Studie HLS-GER 2:

Die Studie HLS-GER 2 wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Doris Schaeffer und Dr. Eva-Maria Berens vom Interdisziplinären Zentrum für Gesundheitskompetenzforschung (IZGK) der Universität Bielefeld in Kooperation mit dem Arbeitsbereich Public Health der Hertie School in Berlin unter der Leitung von Prof. Dr. Klaus Hurrelmann durchgeführt. Für die repräsentative Untersuchung wurden 2.151 Personen über 18 Jahren anhand eines Fragenkataloges zu ihrer Gesundheitskompetenz befragt. Um auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie mit einzubeziehen, folgte im Herbst 2020 eine Zusatzerhebung mit 532 Personen. HLS-GER 2 wurde vom Ministerium für Justiz und für den Verbraucherschutz und vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gefördert und ist Teil des internationalen Health Literacy-Surveys (HLS19), der als Projekt des "WHO Action Network on Measuring Population and Organizational Health Literacy (M-POHL)" konzipiert und durchgeführt wird.

Quelle und weitere Informationen:

  • Schaeffer, D., Berens, E.-M., Gille, S., Griese, L., Klinger, J., de Sombre, S., Vogt, D., Hurrelmann, K. (2021): Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Deutschland – vor und während der Corona Pandemie: Ergebnisse des HLS-GER 2. Bielefeld: Interdisziplinäres Zentrum für Gesundheitskompetenz-forschung (IZGK), Universität Bielefeld. DOI: https://doi.org/10.4119/unibi/2950305