Rede Dr. Eiden

Eröffnungsrede von Dr. Hanns-Christoph Eiden, Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, auf der Fachtagung "Schulessen besser machen – nachhaltig und professionell" am 23.9.2019 in Bonn

Es gilt das gesprochene Wort.


Sehr geehrte Frau Nachtigall,
sehr geehrte Frau Steeger,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich freue mich, Sie im Namen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung zu dieser, der nachhaltigen Schulverpflegung gewidmeten Veranstaltung, begrüßen zu dürfen.

Zunächst ist es mir eine große Freude, Ihnen auch von Bundesministerin Julia Klöckner Grüße zu übermitteln. Leider kann sie heute nicht teilnehmen, da sie in Helsinki am informellen Treffen des Agrarrates teilnimmt. Sie hat sich eingehend unterrichten lassen, worüber wir heute diskutieren und begrüßt es sehr, dass Verantwortliche aus den Kommunen und weiteren relevanten Stellen hier zusammenkommen, um darüber zu sprechen, was ganz konkret erforderlich ist, um Schulessen nachhaltig und noch besser zu machen.

Die Verbesserung der Qualität des Kita- und Schulessens ist eine politische Priorität der Bundesministerin. Sie steht damit in der Kontinuität der Arbeit ihres Vorgängers, der 2016 mit der Gründung des Nationalen Qualitätszentrums für Ernährung in Kita und Schule in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung eine ganz zukunftsweisende Entscheidung getroffen hat.

Die Bundesregierung hat seither weitere Akzente gesetzt und die Ernährungspolitik immer stärker ins politische Zentrum gerückt. Nicht umsonst ist das NQZ heute Teil des Bundeszentrums für Ernährung, einer neu gegründeten Abteilung in der BLE. Wichtig, und damit sind wir bei unserem Auftrag: Es kommt auf die konkreten Ergebnisse an. Daran werden wir gemessen, das ist unser Umsetzungsauftrag. Das NQZ und das Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern haben Sie gemeinsam eingeladen. Zwei kompetente und erfahrene Stellen, wenn es um Information, Schulung und Aufklärung geht.

Das Beschaffungsamt berät und informiert mit seiner Kompetenzstelle für Nachhaltige Beschaffung die Vergabestellen in Bund, Ländern und Kommunen. Und das NQZ informiert und vernetzt die Verantwortlichen in den Ländern und alle Stakeholder, die mit Kita- und Schulessen zu tun haben.

Der heutige Tag der Schulverpflegung bietet sich an, diese Aspekte in dem Rahmen dieser Tagung stärker zu akzentuieren und zu erläutern, worum es geht. Warum ist das Thema einer nachhaltigen Schulverpflegung eigentlich so wichtig? Weil Schule prägt! Und damit auch das Essen in der Schule. Kita und Schule prägen die Essbiografien junger Menschen mit. Sie bestimmen auch deren Umgang mit Lebensmitteln mit. Mit Folgen für ihr weiteres Leben und ihre Gesundheit.

Deshalb widmen wir der Wertschätzung von Lebensmitteln in der Gemeinschaftsverpflegung so stark unsere Aufmerksamkeit. Wir wissen um diese Wirkung! Umso mehr, da Gemeinschaftsverpflegung eine immer größere Rolle im Alltag vieler Menschen spielt. Gleiches gilt für das Thema Nachhaltigkeit. Wenn wir selbst nachhaltiger leben und wirtschaften wollen, ganz im Sinn der jüngsten Klimabeschlüsse der Bundesregierung, dann ist die Schulverpflegung ein wichtiges Arbeitsfeld! Es ist nicht nur allgemein eine zentrale Aufgabe unserer Zeit, nachhaltiger zu produzieren und zu konsumieren. Es geht um konkrete Schritte, es geht ums Tun.

Schule ist ein wichtiger Ort dabei. Zunächst für die Schaffung des Bewusstseins. Ich denke, viele von Ihnen können aus eigener Erfahrung berichten, wie es ist, mit jungen Menschen verschiedener Altersstufen am Küchentisch über richtige Ernährung oder etwa Müllvermeidung zu diskutieren. Das ist ein ganz wichtiger Ort! Aber der Küchentisch allein reicht nicht. Auch die Schule als Ort der Erziehung und Bildung, und eben vielfach der gemeinschaftlichen Verpflegung, ist wichtig.

Deshalb hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in den vergangenen zehn Jahren Strukturen aufgebaut, die immer auch die Gemeinschaftsverpflegung im Blick haben. Im Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft etwa werden unter dem Motto "Bio kann jeder" seit 2004 (!) Workshops für Verantwortliche angeboten, um den Bio-Anteil in der Kita- und Schulverpflegung zu erhöhen. Eine erste wichtige Aufgabe war es zunächst, Hürden abzubauen, überhaupt Bio-Lebensmittel dort einzusetzen. Heute sehen wir, welche Früchte dieses Vorhaben getragen hat:
jährlich finden über 100 Workshops statt und immerhin rund 20 Prozent der Teilnehmenden verstärken danach ihr Bio-Angebot. Das zeigt, dass diese Beratung hilfreich ist und die Umsetzung erleichtert. Frau Brückmann aus dem BÖLN kann nachher sicher noch mehr dazu berichten.

Es geht also nicht nur um das Essen und seine Qualität. Es geht auch um den Auftrag von Schule. Schulen haben Vorbildcharakter und eine Multiplikatorfunktion. Sie können und sollen Kinder auch bilden, die Wertigkeit unserer Nahrung zu erkennen. Wo auch sonst gibt es an 200 Tagen des Jahres die Chance, jungen Menschen das für sie bessere Ernährungs- und Gesundheitsverhalten nahezubringen?

Schulen stehen dabei inzwischen gleichberechtigt neben dem Elternhaus, und nicht selten auch an seiner Stelle. Und schaue ich mir die Zahlen an, stelle ich fest, dass hier auch eine große Stellschraube liegt. Die Schulverpflegung ist auch ein wirtschaftlich relevanter Faktor auf der Nachfrageseite. Sie ist damit auch wichtig für regionale Wertschöpfungsketten, die wir entwickeln wollen. Bewusstsein schaffen und konkret die Nachfrage nach nachhaltigen erzeugten Waren formulieren, um beides geht es.

In Deutschland gibt es etwa 18.300 Ganztagsschulen mit drei Millionen Schülerinnen und Schülern. Schätzungsweise rund 1,5 Millionen Schüler essen täglich in Ganztagsschulen etwa 280 Millionen Schulessen pro Jahr. Durch den damit verbundenen großen Warenumsatz haben diese öffentlichen Einrichtungen einen relevanten Einfluss auf die Nachfrage nach nachhaltig produzierten Lebensmitteln. Für die Politik ist die nachhaltige Beschaffung deshalb ein wichtiger Hebel. Und der zentrale Haushaltsgrundsatz der öffentlichen Verwaltung - die Wirtschaftlichkeit und die Sparsamkeit - der denkt Nachhaltigkeit inzwischen mit.

Die vergaberechtlichen Rahmenbedingungen schreiben vor, dass bei der Vergabe soziale und umweltbezogene Aspekte zu berücksichtigen sind. Es bedarf allerdings geeigneter Kriterien, wie z.B. nachhaltiger Anbau, ein effizientes Umweltmanagement oder ressourcenschonendes Material. Ein großer Teil des Gestaltungsspielraums, damit aber auch der Verantwortung, liegt bei den Schulträgern, zum Beispiel:

  • im Hinblick auf die Bereitstellung und den Betrieb von Mensaräumen und Kücheneinrichtung,
  • aber eben auch im Hinblick auf das Einkaufsverhalten.

Um dieses Potenzial noch weiter auszubauen, bedarf es guter Beratung und Unterstützung! Aus der gemeinsamen Studie der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zu "Kosten und Preisstrukturen in der Schulverpflegung (KuPS)", wissen wir, dass lediglich bei circa 50 Prozent der öffentlichen Schulträger klar beschriebene Leistungsbeschreibungen Grundlage der Verträge sind.

Ich weiß: Für die Vergabestellen ist es oft eine Herausforderung, Nachhaltigkeitsaspekte so zu beschreiben, dann sie im konkreten Fall berücksichtigt werden können. Ein entscheidender Punkt in der Realität ist immer auch, das Vergabeverfahren auf der anderen Seite nicht mit wenig praxistauglichen Anforderungen zu überfrachten.

Es müssen realistische Forderungen gestellt werden, die der Markt auch bedienen kann. Sonst sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Bieter findet. Standardisierte Qualitätsmerkmale erleichtern beiden Seiten das Verfahren. Ja, wir machen auch bei uns in der BLE bei unseren eigenen Vergabeverfahren die Erfahrung: Öffentliche Ausschreibungen sind mit Herausforderungen verbunden:

  • Bei den Vergabestellen, die Ausschreibungen verfassen und das geltende Recht einhalten müssen.
  • Und auch bei Caterern, die auf hohe Anforderungen treffen und meist niedrige Preise anbieten sollen.

Damit sind wir bei unserem Thema und ich freue mich, dass wir heute über das "WIE" sprechen werden. Wie kann nachhaltige Schulverpflegung gelingen? Dazu wird Ihnen Frau Sabine Schulz-Brauckhoff das Verbundprojekt KEEKS vorstellen, das sich mit klima- und energieeffizienten Küchen in Schulen beschäftigt. Dieses Projekt wurde im vergangenen Jahr von der UN ausgezeichnet.

Und wie sieht der Rechtsrahmen für Umweltkriterien und Sozialstandards bei der Beschaffung aus? Hierüber wird Herr Prof. Dr. Zeiss von der Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung informieren.

Weil uns auch an einer konkreten Diskussion und konkreten Handreichungen gelegen ist, werden Ihnen die Städte Hilden und Steinheim ihre individuellen Best practice – Beispiele aus der kommunalen Praxis vorstellen.

Ihre individuellen Fragen und Bedürfnisse stehen abschließend beim Expertenpodium im Fokus, an dem auch Herr Pfefferle von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und Frau Espeter von der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung NRW teilnehmen werden.

Eines scheint mir jetzt schon klar zu sein:
Nur vernetzt und auf der Grundlage entsprechender Standards wird die Entwicklung voranschreiten. Damit möchte ich das Wort an Frau Dr. Oepping und Frau Beneke übergeben, die Sie nun im Eröffnungstalk weiter in das Thema einführen werden.

Ich wünsche Ihnen allen eine erfolgreiche Tagung. Vielen Dank!