Schweden blickt auf eine lange Schulverpflegungstradition zurück. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts gab es erste nationale Bemühungen um kostenlose Schulmahlzeiten. Seit den 1970er Jahren können alle Schulkinder zwischen 7 und 16 Jahren kostenfrei an der Schulverpflegung teilnehmen.
In Schweden gibt das Schulgesetz vor, dass jedes Kind ein kostenloses Mittagessen bekommt. Finanziert wird dies aus Steuergeldern, einen Anspruch auf das Schulmittagessen haben alle Kinder unabhängig vom elterlichen Einkommen (2). Seit 2011 ist im Schulgesetz festgeschrieben, dass die Schulmahlzeiten nährstoffreich sein müssen, d.h. mit den Mahlzeiten soll etwa ein Drittel des täglichen Energie- und Nährstoffbedarfs gedeckt werden (1). Um dies sicherzustellen, hat die schwedische National Food Agency (NFA) Richtlinien und Empfehlungen herausgegeben, an denen sich die Schulküchen freiwillig orientieren können (4). Die meisten Vorschulen und weiterführenden Schulen folgen denselben Richtlinien (8). Die schwedischen Ernährungsempfehlungen basieren auf den Nordic Nutrition Recommendations (NNR), die seit 1980 alle acht Jahre aktualisiert werden und für alle nordischen und baltischen Länder gelten. Sie geben Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr an, die nach aktuellem wissenschaftlichen Kenntnisstand für die Entwicklung und optimale Funktion des menschlichen Körpers ausreichend sind und das Risiko bestimmter ernährungsbedingter Erkrankungen verringern (5, 7).
Lehrkräfte essen meistens mit
Etwa 260 Millionen Schulmahlzeiten werden jährlich in Schweden ausgegeben (1). Die durchschnittlichen Preise belaufen sich auf etwa 616 Euro pro Kind und Jahr (6.600 SEK) und decken die Kosten für Zutaten, Personal und Transport ab. Die Kosten für Zutaten in einer durchschnittlichen Mahlzeit betragen etwas mehr als einen Euro (10 - 14 SEK). Für die Speisenproduktion sind die 290 schwedischen Gemeinden verantwortlich, die die Schulmahlzeiten auch mithilfe von privaten Verpflegungsdienstleistern aus der Region zur Verfügung stellen können. Schulen verfügen entweder über eigene Schulküchen, in denen das Essen vor Ort zubereitet wird, oder sie sind einer zentralen kommunalen Küche angeschlossen, von denen die Mahlzeiten warmgehalten oder als Kühlkost zu den Schulen geliefert werden. Die Mahlzeit besteht aus einem warmen Hauptgericht, einem Salatbuffet, Brot samt Streichfett und einem Getränk (Milch oder Wasser) (4). Empfohlen ist außerdem eine vegetarische Alternative. Die Schüler*innen dürfen sich selbst an den Buffets bedienen. Die Lehrkräfte essen meistens mit, hierfür hat sich der Begriff „pedagogic lunch“ etabliert (8).
Qualitätskriterien beziehen Ess-Atmosphäre ein
Die Qualitätskriterien der NFA beinhalten ebenfalls Empfehlungen zur Hygiene, zu Warmhaltezeiten und zur Qualität der Lebensmittel. Außerdem bestehen Empfehlungen zur Gestaltung einer angenehmen Atmosphäre während der Mahlzeiteneinnahme, zur Beteiligung der Schüler*innen sowie zur Nachhaltigkeit. Alle Kriterien sind im schwedischen „Mahlzeiten-Modell“ zusammengefasst (6).
Qualitätssicherung per Online-Tool
Die nationalen Leitlinien für die Schulverpflegung sehen vor, dass die Schulmahlzeiten ein Teil der Bildung sein sollen (1). Die Qualitätssicherung der Schulverpflegung liegt in den Händen der Schulen und Gemeinden. Hierfür steht das kostenlose Online-Tool SkolmatSverige zur Verfügung. Es soll Schulen und Gemeinden dabei helfen, die Qualität der Schulmahlzeiten gemäß den Leitlinien für die Schulverpflegung zu überprüfen, zu dokumentieren und zu optimieren. Das Tool wurde von verschiedenen wissenschaftlichen Instituten unter Beteiligung u.a. schwedischer Gesundheitsbehörden entwickelt und arbeitet unabhängig von kommerziellen Einflüssen. Etwa die Hälfte aller schwedischen Grundschulen (n = 4.800) sowie 6 von 10 Kommunen nutzen das Tool seit dem Start im Jahr 2012. Die Verantwortlichen halten fest, dass Schulen, die das Tool nutzen, sowohl die Nährstoffqualität der Mahlzeiten als auch die Aspekte Service, Ernährungsbildung und Nachhaltigkeit signifikant verbessern konnten. (8)
Studie zeigt positive Langzeit-Effekte
Wissenschaftler*innen haben in einer empirischen Studie (2022) untersucht, welche Auswirkungen das schwedische Schulverpflegungsprogramm auf Gesundheit, Ernährungsstatus und die allgemeinen Lebensverhältnisse hat. Sie konzentrierten sich auf 265 schwedische Kommunen, die zwischen 1959 und 1969 kostenlose Schulmahlzeiten in Grundschulen installiert hatten und verglichen diese Daten mit Geburts-, Einkommens-, Bildungs-, Krankheits- und Todesfallregistern. Es zeigen sich erhebliche positive Langzeit-Effekte: Kinder, die während ihrer gesamten Grundschulzeit an dem Programm teilnahmen, hatten ein um 3 % höheres Lebenseinkommen. Der Effekt war bei Kindern größer, die in einem jüngeren Alter am Programm teilnahmen sowie bei Kindern aus wirtschaftlich benachteiligten Haushalten. Aus Sicht der Fachleute deutet das darauf hin, dass Schulverpflegungsprogramme sozioökonomische Ungleichheiten im Erwachsenenalter verringern. Ein positiver Effekt zeigte sich auch hinsichtlich Bildungsniveau und Gesundheitsstatus. (9)
Quellen
- Swedish Food Agency 2020: School lunches.
- Lucas PJ, Patterson E, Sacks G, Billich N, Evans CEL: Preschool and School Meal Policies: An Overview of WhatWe Know about Regulation, Implementation, and Impact on Diet in the UK, Sweden, and Australia. Nutrients (2017).
- European Commission 2015: School food policy country factsheet Sweden
- Emma Patterson, Liselotte Schäfer Elinder: (2014) Improvements in school meal quality in Sweden after the introduction of new legislation—a 2-year follow-up, European Journal of Public Health, Volume 25, Issue 4, August 2015, Pages 655–660
- The Nordic Council and the Nordic Council of Ministers 2014: Nordic Nutrition Recommendations – a work in progress
- Swedish Food Agency
- Swedish Food Agency 2018: Nordic Nutrition Recommendations
- SkolmatSverige 2022
- Petter Lundborg, Dan-Olof Rooth, Jesper Alex-Petersen, Long-Term Effects of Childhood Nutrition: Evidence from a School Lunch Reform, The Review of Economic Studies, Volume 89, Issue 2, March 2022, Pages 876–908 https://doi.org/10.1093/restud/rdab028