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Global Nutrition Report 2021

Quelle: Global Nutrition Report 2021

Der Global Nutrition Report beurteilt jährlich die Ernährungssituation weltweit. Das Fazit in diesem Jahr: Kein Land der Welt erreicht die Empfehlungen für eine gesundheitsförderliche und nachhaltige Ernährung. Dabei könnten Gesundheitsförderung und Umweltschutz Hand in Hand gehen.

Der Global Nutrition Report (GNR) ist ein unabhängiger Ernährungsbericht. Ein internationales Expert*innen-Gremium bewertet jährlich die Ernährungssituation von Menschen weltweit, mit dem Ziel, Fehl- und Mangelernährung zu bekämpfen und vorzubeugen. Mit länderspezifischen ernährungs- und gesundheitsrelevanten Daten von 194 Ländern weltweit richtet sich der Ernährungsbericht an Akteure und Multiplikatoren aus Wissenschaft, zivilgesellschaftlichen Organisationen, Wirtschaft sowie an Regierungen, um Anstrengungen gegen alle Formen der Mangelernährung zu unterstützen oder zu initiieren. Der Bericht wurde erstmals 2014 im Rahmen des ersten Nutrition for Growth Summit (N4G) als Rechenschaftsbericht veröffentlicht, um den Stand der Umsetzung globaler Ernährungsziele zu dokumentieren.

Zusammenhang zwischen Ernährung und Nachhaltigkeit

Im diesjährigen Report belegen die Autor*innen mit umfassendem Zahlenmaterial den Zusammenhang zwischen (Fehl- und Mangel-)Ernährung und Gesundheits- und Umweltschutz. Sie geben außerdem Einblick in globale Finanzierungssysteme und rufen zum sofortigen Handeln auf. Die weltweite Ernährungskrise sei eine der größten Herausforderungen dieser Zeit.

Kinder von Fehl- und Mangelernährung betroffen

Noch immer ist eine inakzeptabel hohe Anzahl von Menschen weltweit von Fehl- und Mangelernährung betroffen, erklären die Wissenschaftler*innen. Weltweit kommen 20,5 Millionen Kinder mit einem zu niedrigen Geburtsgewicht auf die Welt, das entspricht 14,6 % aller Lebendgeburten. Ein Fünftel aller Kinder unter fünf Jahren (149,2 Millionen) sind chronisch unterernährt, 45,4 Millionen der Kinder (6,7 %) sind dadurch sogar akut bedroht. Gleichzeitig sind fast 39 Millionen Kinder unter fünf Jahren übergewichtig, das entspricht 5,7 %. Auch bei Erwachsenen ist die Situation besorgniserregend: 40,8 % der Frauen und 40,4 % der Männer sind übergewichtig oder adipös, mit der Folge ernährungsmitbedingter Krankheiten wie Diabetes oder Bluthochdruck.

Globale Ernährungsziele werden nicht erreicht

Die internationale Arbeitsgruppe um Dr. Renata Micha, Professorin für Humanernährung an der Universität Thessalien in Griechenland, hält fest, dass die bis 2025 weltweit gesetzten Ernährungsziele in Bezug auf Kinder und Erwachsene in den meisten Ländern nicht erreicht werden können (Abb. 1). Zwar ließen sich partielle Erfolge verzeichnen, insgesamt jedoch gestalteten sich die Prozesse zu langsam. Von 194 Ländern seien nur 7 Länder auf dem Weg, vier der sechs Ziele zu erreichen, die an die Verbesserung der Kinder-, Jugend- und Müttergesundheit adressiert sind. Die Covid-19-Pandemie verstärke diese Problemlage erheblich.

Es spielt eine große Rolle, was wir essen

Die Ernährungsweise hat Auswirkungen auf Klima und Umwelt sowie auf die individuelle Gesundheit, belegen die Wissenschaftler*innen anhand von Zahlenmaterial, das im Rahmen von „Nutrition Profiles“ der Länder zur Verfügung steht. Eine unausgewogene Ernährung mit einem niedrigen Anteil an Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten, Nüssen und Saaten und einem hohen Anteil an rotem Fleisch und verarbeiteten Fleischprodukten stelle eine der größten globalen Gesundheitsbelastungen dar, so die Arbeitsgruppe um Dr. Marco Springmann, Wissenschaftler an der Universität Oxford, Großbritannien.



Etwa 20-25 % aller Todesfälle weltweit werden ernährungsmitbedingten Krankheiten zugeschrieben (Abb. 2). Gleichzeitig seien eine unausgewogene Ernährungsweise sowie das produzierende Ernährungssystem wesentliche Treiber von Umweltverschmutzung und Ressourcenverbrauch, und dies in einem bedrohlichen Ausmaß. Dabei hätten tierische Lebensmittel einen deutlich größeren ökologischen Fußabdruck als pflanzliche.

Kaum Veränderungen in den letzten zehn Jahren

Die Wissenschaftler*innen sehen jedoch in den letzten zehn Jahren kaum positive Veränderungen. Verglichen mit den Ernährungsempfehlungen der EAT-Lancet-Kommission, einem internationalen Zusammenschluss von Ernährungswissenschaftler*innen und Klimaforscher*innen, bleibt der Verzehr gesundheitsförderlicher Lebensmittel auf zu niedrigem Niveau. Dagegen werden Lebensmittel, die mit ernährungsmitbedingten Krankheiten und negativen Umweltauswirkungen assoziiert sind, weiterhin zu häufig verzehrt.



So liegt der weltweite Verzehr von Obst und Gemüse durchschnittlich 48 % unter den Empfehlungen. Der Verzehr von rotem Fleisch und verarbeiteten Fleischprodukten liegt mit durchschnittlich 377 % deutlich über den Empfehlungen. In Europa liegt dieser sogar 790 % höher als empfohlen. (Abb. 3)



Kein Land der Welt erreiche derzeit die Empfehlungen für eine gesundheitsförderliche und nachhaltige Ernährung (Abb. 4). Notwendig seien daher substantielle Veränderungen zu der Frage, was Menschen essen und wie Lebensmittel produziert werden.

Aufruf zum Handeln

In ihrem Fazit geben die Wissenschaftler*innen trotz der Ergebnisse Anlass zur Hoffnung. Eine nachhaltige und gesundheitsförderliche Ernährung sei weltweit machbar, weil Evidenz und erfolgsversprechende Maßnahmen zur Bekämpfung von Fehl- und Mangelernährung nie besser beschrieben seien als heute. Es sei ebenfalls möglich, weit mehr finanzielle Mittel zu mobilisieren, als dass derzeit der Fall ist. Für eine Veränderung müssten möglichst sofort in allen Ernährungssektoren entsprechende Reformen angestoßen werden. Das Jahr 2021 sei “Year of Action for Nutrition for Growth” mit mehreren Gipfeltreffen weltweit relevanter Akteure. Der nächste „Nutrition for Growth Summit“ findet im Dezember in Tokyo statt.

Kita- und Schulverpflegung als Teil des Ernährungssystems

Eine ausgewogene Kita- und Schulverpflegung ist als Ausgangspunkt für eine dauerhaft tragfähige Verbesserung der Ernährungssituation der gesamten Bevölkerung erfolgversprechend. In vielen Ländern weltweit spielt die Verpflegung von Kindern und Jugendlichen in Bildungseinrichtungen daher eine wichtige Rolle, sowohl im Hinblick auf die Ernährungssicherung als auch auf die Gesundheitsförderung und Ernährungsbildung. Vor allem im Kontext von Nachhaltigkeit nimmt die Bedeutung der Kita- und Schulverpflegung international zu. Welche Auswirkungen etwa die Produktion von Schulverpflegung für den Wasserverbrauch, Pestizid- und Düngemitteleinsatz oder für eine regionale Wirtschaftsförderung hat, wird vor dem Hintergrund von weltweit mehr als 388 Millionen Kindern und Jugendlichen deutlich, die in der Schule essen. Kita- und Schulverpflegung gilt daher als starker Motor für einen Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit in der lokalen und globalen Lebensmittelproduktion.

Quelle und weiterführende Informationen: