Wissenschaftler*innen der Autorengruppe Fachkräftebarometer aus dem Deutschen Jugendinstitut und der TU Dortmund haben aktuelle Befunde zu Personal, Arbeitsmarkt und Qualifizierung in der Kindertagesbetreuung in Deutschland ermittelt und in einem Datenbericht zusammengefasst.
Das „Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2023“ will einen Beitrag zu einer fundierten, datenbasierten Diskussion um zurückliegende und zukünftige Entwicklungsdynamiken des pädagogisch tätigen Personals in der Frühen Bildung leisten. Die mit dem 5. Band vorgelegten Analysen zeigen sich abzeichnende Trends, die die Autor*innen vor dem Hintergrund struktureller und politischer Rahmenbedingungen fachlich einordnen. Damit soll das Fachkräftebarometer eine Grundlage für zukünftige fachpolitische Steuerungsmaßnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden darstellen. Grundlage der Analyse sind überwiegend Daten der amtlichen Statistik, die in Zeitreihen deutschlandweit und auch in Ländervergleichen aufbereitet wurden.
Zentrale Ergebnisse:
- In Kindertageseinrichtungen wuchs das Personal trotz Covid-19-Pandemie in den letzten zwei Jahren erneut um gut 7 % auf 841.840 Beschäftigte an. Seit 2012 ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Frühen Bildung um 50 % gestiegen, während der deutsche Gesamtarbeitsmarkt nur um 17 % gewachsen ist.
- Die einschlägigen Ausbildungen bei Kita-Personal haben zahlenmäßig zugenommen. Dies führen die Autor*innen vor allem auf die Fachschulausbildung zur*zum Erzieher*in zurück. Außerdem sind bei einschlägigen Studiengängen private Bildungsträger mit flexibilisierten Angeboten Motor des Ausbaus. Hier wurden erhebliche Zugewinne verzeichnet.
- In der Kindertagesbetreuung zeigt sich ein Fachkräfteengpass. Kamen im Jahr 2012 noch 142 arbeitslos gemeldete Erzieher*innen auf 100 offene Stellen, so waren es zuletzt nur noch 62. Die Zahl der Stellenangebote für diese Berufsgruppe ist in den letzten drei Jahren um 20 % gestiegen, während die Zahl der arbeitslos gemeldeten Personen um 4 % zurückgegangen ist.
- Der Personal-Kind-Schlüssel hat sich in der Kindertagesbetreuung seit 2012 in fast allen Gruppenformen deutlich verbessert, außer in Hortgruppen. Je höher die Zahl jüngerer Kinder in der Gruppe ist, desto günstiger fällt der Personal-Kind-Schlüssel aufgrund des höheren Betreuungsbedarfs aus. Am betreuungsintensivsten waren demzufolge die Gruppen mit Kindern unter drei Jahren, bei denen der Personal-Kind-Schlüssel im Jahr 2022 bundesweit bei 4,0 lag. Am ungünstigsten gestaltete sich der Personal-Kind-Schlüssel bei einem Verhältnis von 10,4 Kindern pro pädagogischer Kraft in den Hortgruppen für Schulkinder.
- In der Kindertagespflege ist die Zahl der Kindertagespflegepersonen zwischen 2020 und 2022 von rund 44.800 auf 41.900 gesunken. Anders als in den Vor-Corona-Jahren nimmt auch die Zahl der betreuten Kinder ab. Zuletzt waren es noch 166.300 gegenüber rund 174.000 Kindern im Jahr 2020 (- 4 %). Eine Kindertagespflegeperson betreut im Schnitt vier Kinder. Damit liegt die Betreuungsrelation in der Kindertagespflege auf dem gleichen Niveau wie bei U3-Kindern in Kitas.
- In Grundschulen ist seit 2019 die Zahl der ganztägig betreuten Grundschulkinder um 13 % gewachsen, wobei die Beteiligungsquote seit 2020 stagniert (Anteil der Kinder, die ein institutionelles Ganztagsangebot besuchen). Für die vollständige Umsetzung des Rechtsanspruchs bis zum Schuljahr 2029/30 müssten etwa 600.000 zusätzliche Plätze geschaffen werden, davon 90 % in den westlichen Bundesländern.
Fachkräftemangel ist akut
Es ist noch immer nicht gelungen, allen Eltern, die einen Betreuungsplatz in der Kindertagesbetreuung wünschen, ein bedarfsdeckendes Angebot zu unterbreiten, so die Autor*innen. Zugleich sehe sich der Teilarbeitsmarkt Frühe Bildung – ohne die noch zu schaffenden Plätze und das dafür benötigte Personal – schon jetzt mit einem akuten Fachkräftemangel konfrontiert, der sich vielerorts auf den Alltag und die Öffnungszeiten in den Einrichtungen auswirke. Erschwerend werde sich zudem der ab dem Jahr 2026 schrittweise in Kraft tretende Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter auswirken, der eine zusätzliche Konkurrenz um die schon jetzt knappe Ressource Fachkraft erzeugen könnte.