Elternpaar sitzt mit seinen zwei Kinder auf einer Bank.
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Akzeptanz für vegetarisches Mittagsangebot bei Eltern gering

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Eine repräsentative Elternbefragung der Verbraucherzentrale NRW zeigt: Eltern wünschen sich ein Fleischangebot in Kita oder Grundschule ihres Kindes an mindestens zwei Wochentagen, ein ausschließlich vegetarisches Angebot lehnen sie mehrheitlich ab. Jedoch sind diejenigen Eltern offener für fleischlose Mittagsmahlzeiten, die das aus der Einrichtung ihres Kindes bereits kennen.

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat im Rahmen des Projektes MehrWert21 eine für Nordrhein-Westfalen (NRW) repräsentative Elternbefragung zur Akzeptanz einer vegetarischen Mittagsverpflegung in Kitas und Grundschulen durchgeführt. Mit dem Projekt unterstützt die Verbraucherzentrale NRW einen zukunftsfähigen und klimaschonenden Konsum; die Reduktion von CO2-Emissionen spielt eine wichtige Rolle. Das Projekt konzentriert sich u.a. auf das Themenfeld Gemeinschaftsverpflegung in Kindertagesstätten und Schulen.

Die Befragung hatte zum Ziel, die aktuelle Wahrnehmung und Einschätzung von Eltern zu einer vegetarischen Verpflegung sowie aussagekräftige Kennzahlen zu Haltungen, Motiven und möglichen Bedenken zu ermitteln. Die Online-Befragung wurde im April/Mai 2022 von einem Marktforschungsinstitut durchgeführt. Befragt wurden 1.000 Eltern (aufgeteilt auf 500 Eltern mit Kita-Kind und 500 Eltern mit Grundschul-Kind), die aktuell in NRW leben.

Status Quo: Fleischangebot in Kita, Schule und Zuhause nicht empfehlungsgerecht

Die Kinder der befragten Eltern nehmen zu 91 % (Kita) bzw. 82 % (Grundschule) täglich an der Mittagsverpflegung in ihrer Einrichtung/Grundschule teil. Die meisten Eltern (73 %) sind über den Speiseplan ihres Kindes informiert, wobei Kita-Eltern häufiger informiert sind (88 %) als Grundschul-Eltern (57 %).

Die Ergebnisse aus NRW zum Angebot fleischhaltiger Mahlzeiten unterstreichen Erkenntnisse aus bundesweiten Studien (u.a. VeKita, Is(s)t Kita gut?, Erhebung zur Qualität der Schulverpflegung): Das Fleischangebot ist deutlich zu hoch und entspricht nicht den Empfehlungen des DGE-Qualitätsstandards zur Verpflegung in Kitas bzw. Schulen. Diese empfehlen maximal einmal in fünf Verpflegungstagen das Angebot von Fleisch oder Wurstwaren und stellen außerdem Möglichkeiten für eine ovo-lacto-vegetarische Kost vor. Mehrheitlich geben die Eltern der Kita- und Grundschulkinder an, dass ihren Kindern zwischen zwei- und viermal in der Woche mittags ein Fleischgericht in der Kita bzw. Schule angeboten wird. 6 % der Kitas/Grundschulen bietet sogar täglich ein Fleischgericht an.

Auch zuhause essen die Kinder nach Angaben der Eltern regelmäßig - zumeist zwei- bis fünfmal pro Woche und zu verschiedenen Mahlzeiten - Fleisch und Fleischerzeugnisse, in 34 % der Fälle sogar täglich. Lediglich 2 % der Kinder essen dies nie. Die Eltern selbst essen mehrheitlich zwei- bis fünfmal pro Woche Fleisch, 9 % von ihnen sogar mehrmals täglich, 4 % nie.

Hohe Zufriedenheit mit Fleischangebot in Kita und Grundschule

Mit der Häufigkeit des Fleischangebotes zum Mittagessen sind rund 8 von 10 Eltern zufrieden. Allen befragten Eltern ist die Ausgewogenheit des Angebotes und der Nährstoffgehalt der Mahlzeiten am wichtigsten. Den Verzicht auf Fleisch bewerten sie als am wenigsten wichtig. Insgesamt ist die überwiegende Anzahl der Eltern (84 %) mit dem Speiseplan ihres Kindes in Kita/Grundschule zufrieden.

Bekanntes wird eher akzeptiert

Der Mehrheit der Eltern (68 %) sind die positiven Einflüsse auf Umwelt, Tiere und Klima durch eine vegetarische Verpflegung bewusst. Trotzdem lehnen rund 60 % eine ausschließlich vegetarische Verpflegung in der Kita oder Grundschule ihres Kindes ab, 37 % der Eltern würden fleischlose Mahlzeiten befürworten. Eine höhere Zustimmung liegt bei Eltern vor, die in Kita und Grundschule ihres Kindes bereits Erfahrung mit einem vegetarischen Angebot machen konnten: 47 % dieser Eltern begrüßen das. Eltern, die einer vegetarischen Verpflegung positiv gegenüberstehen, sehen mehrheitlich auch den gesundheitlichen Nutzen einer pflanzenbasierten Versorgung ihrer Kinder.

Warum viele Eltern vegetarische Angebote skeptisch sehen

Gründe für die Ablehnung vegetarischer Angebote bestehen vor allem in der Sorge der Eltern, ihr Kind würde nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt; 71 % der Kita-Eltern und 65 % der Grundschul-Eltern meinen, dass ihrem Kind ohne Fleisch und Fisch wichtige Nährstoffe fehlen würden. Es bestehen dagegen kaum Bedenken, dass vegetarisches Essen dem Kind nicht schmecken oder dass das Kind damit nicht satt werden würde.

Soziodemografische Indikatoren zeigen typische Unterschiede

Auch was die soziodemografischen Indikatoren betrifft, stimmen die Ergebnisse aus NRW mit bundesweiten Erfahrungen überein. Menschen mit einem hohen sozioökonomischen Status sind für eine gesundheitsförderliche Ernährung aufgeschlossener bzw. verfügen dafür über bessere Ressourcen (siehe u.a. Nationale Verzehrsstudie II bzw. DGE-Ernährungsbericht 2012, Ernährungsstudie EsKiMo). In NRW zeigt sich, dass eher jüngere und weibliche Elternteile sowie Eltern mit einem hohen Bildungsgrad offener sind für ein vegetarisches Angebot.  

Botschaften müssen Gesundheit der Kinder adressieren

Ein vegetarisches Mahlzeitenangebot in Kitas und Schulen spielt für die nachhaltige und gesundheitsförderliche Gestaltung von Ernährungssystemen und Ernährungsstilen eine herausragende Rolle. Dies bestätigt auch die Befragung in NRW. Aus Sicht des NQZ ist es erforderlich, dass Maßnahmen intensiviert werden, die die weitere Umsetzung der Empfehlungen des DGE-Qualitätsstandards bewirken. Für die Akzeptanz verbesserter bzw. pflanzenbasierter Angebote scheinen Botschaften an die Eltern hilfreicher zu sein, die statt Umwelt- und Klimaschutz vor allem die Gesundheit der Kinder in den Mittelpunkt setzen.

Empfehlungen für Kita und Schule nicht losgelöst von Familienernährung betrachten

Es stimmt zuversichtlich, dass von pflanzenbasierten Angeboten eine positive Wirkung ausgeht: Eltern, die bereits Erfahrung mit vegetarischen Angeboten in Kita und Schule gemacht haben, sind grundsätzlich aufgeschlossener. Dieses Potenzial gilt es zu nutzen. Eltern, die selbst viel Fleisch und Fleischerzeugnisse konsumieren, lehnen ein pflanzenbetontes Angebot in Kita und Schule eher ab. Hier bedarf es weiterer Aufklärung sowohl für die Familie als auch in Kitas und Schulen, außerdem eines Zusammenspiels bei der Gestaltung von Empfehlungen für die Lebenswelten Familie, Kita und Schule. Zusammengefasst zeigen die für Nordrhein-Westfalen repräsentativen Ergebnisse die Notwendigkeit einer bundesweiten Studie.

Quelle und weiterführende Informationen

  • Pressemeldung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen vom 18. Juli 2022: Kita- und Grundschulessen: Eltern würden mehr Veggie akzeptieren
     
  • Das NQZ im Gespräch mit Prof. Dr. Eva-Maria Melanie Speck, Professorin für Sozioökonomie in Haushalt und Betrieb an der Hochschule Osnabrück und Senior Researcher am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie: Wie eine Nachhaltigkeitsforscherin auf die Kita- und Schulverpflegung in Deutschland blickt.
     
  • NQZ-News vom 30. Juni 2022: Gemeinschaftsverpflegung als zentraler Motor für pflanzenbasierte Ernährung