Rückschau auf die Fachtagung nachhaltige Schulverpflegung vom 23.09.2019 im Beschaffungsamt des Bundesministerium des Innern in Bonn.
Rund 140 Teilnehmende kamen auf der Fachtagung des Nationalen Qualitätszentrums für Ernährung in Kita und Schule (NQZ) und der Kompetenzstelle für Nachhaltige Beschaffung (KNB) zusammen, um Möglichkeiten und Strategien einer nachhaltigen Schulverpflegung zu erfahren. Austausch und Vernetzung zwischen Teilnehmenden und Expert*innen standen an diesem Tag im Fokus. Die Inhalte und Präsentationen der Vortragenden, sowie Informationen zu weiterführenden Angeboten stehen Ihnen hier zur Verfügung.
Eröffnungsrede von Dr. Hanns-Christoph Eiden, Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung
Nachhaltige Schulverpflegung greifbar machen
Der erste Fachbeitrag der Tagung beantwortete die Frage, wie sich Nachhaltigkeit in der Verpflegung messen lässt, um geeignete Optimierungsprozesse für Schulküchen auszuwählen. Sabine Schulz-Brauckhoff vom Netzwerk e.V. - Soziale Dienste und Ökologische Bildung, stellte dafür Ergebnisse des Projektes KEEKS (Klima-und energieeffiziente Küche in Schulen) vor.
22 Schulküchen wurden in diesem Projekt auf ihre verwendeten Lebensmittel und Energieverbräuche hin untersucht. Daraus konnten Optimierungsmaßnahmen abgeleitet werden, die den Energieverbrauch pro Essen senkten und entsprechend wirkungsvoll für eine nachhaltige Gestaltung der Schulverpflegung sind. Beispiele sind die Reduzierung des Fleischanteils oder die Vermeidung von Lebensmittelabfällen. Das Projekt wurde ausgezeichnet vom UN Sekretariat für Klimaschutz (UNFCCC) in der Kategorie "Planetary-Health" als globales Leuchtturmprojekt.
Präsentation von Sabine Schulz-Brauckhoff, Netzwerk e.V. - Soziale Dienste und Ökologische Bildung: "Handlungsfelder hin zu einer nachhaltigen Schulverpflegung - Erfahrungen aus dem KEEKS-Projekt"
Der "KEEKS-Leitfaden für die klimaschonende Schulküche" steht hier zum Download bereit. Hier geht es zur KEEKS-Projekthomepage.
Gelungene Beispiele aus den Kommunen
Die Rahmenbedingungen für eine kommunale Schulverpflegung sind individuell sehr unterschiedlich. Deshalb gibt es nicht für jeden Träger eine Patentlösung. Sinn ergibt es aber, und das wurde mehrfach während der Tagung deutlich, wenn sich Städte und Gemeinden zusammentun und sich über Erfahrungen austauschen, statt das Rad immer wieder neu zu erfinden.
Zwei unterschiedliche Beispiele haben die Verantwortlichen aus den Städten Hilden und Steinheim an der Murr mitgebracht. Während Hilden mit einer zentralen Ausschreibung einen Bio-Caterer für die ca. 1800 Kinder in den städtischen Kitas und Schulen fand, entschied man sich in Steinheim an der Murr für den Neubau einer Zentralküche, die an einen Caterer verpachtet wird. In der Mensa werden ca. 4000 Essen pro Monat zubereitet und an 5 Kitas und 4 Schulen (in Zukunft sollen auch Pflegeheime und andere Kommunen beliefert werden) geliefert.
Wie beide Städte die Aufgabe Kita- und Schulverpflegung angegangen sind, welchen Herausforderungen sie sich stellten und wie sie Qualitätssicherung betreiben, zeigen die Präsentationen der Referent*innen.
Präsentation von Sönke Eichner und Stefanie Walder, Stadt Hilden
Präsentation von Norbert Gundelsweiler, Stadt Steinheim an der Murr
Große Ziele umsetzen
Wer Nachhaltigkeit in der Beschaffung von Schulverpflegung berücksichtigen möchte, steht vor der Herausforderung, Kriterien in eine Leistungsbeschreibung aufzunehmen, die für Caterer umsetzbar und für den Auftraggeber überprüfbar sind. Professor Dr. Christopher Zeiss von der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung des Landes NRW in Bielefeld erklärte in seinem Vortrag wie Umweltkriterien und Sozialstandards berücksichtigt werden können, wenn Auftragsbezug und Diskriminierungsverbot beachtet werden.
So ist eine Bevorzugung heimischer Unternehmen (z.B. "Zubereitungsort max. 20 km entfernt") nicht möglich, allerdings könnten z.B. über die gewünschten Warmhaltezeiten Beschränkungen realisiert werden. Viele weitere Beispiele, wie Saisonalität der Speisen, Haltungsbedingungen der Tiere oder Lohnvorgaben der Mitarbeiter, zeigt die Präsentation von Professor Dr. Zeiss auf.
Präsentation von Prof. Dr. Christopher Zeiss, Fachhochschule für öffentliche Verwaltung des Landes NRW:
"Nachhaltige Beschaffung von Schulverpflegung: Der Rechtsrahmen für Umweltkriterien und Sozialstandards in der Beschaffung"
Fragen und Antworten aus der Praxis
Eine sehr lebendige Diskussion zeigte am Ende der Fachtagung, wie tief die Teilnehmer*innen bereits im Thema sind. Für Nachfragen standen Holger Pfefferle von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), Anke Brückmann aus dem Bundesprogramm ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft, Prof. Dr. Christopher Zeiss von der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung des Landes NRW und Cornelia Espeter von der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung NRW zur Verfügung.
Im Austausch mit den Expert*innen auf dem Podium kamen vor allem konkrete Nachfragen zum Thema Vergabe und Ausschreibung aus dem Publikum, die sofort beantwortet werden konnten:
- Kann ich Musterausschreibungen nutzen? – Ja, sie sollten aber individuell angepasst werden.
- Muss ich die Portionsgrößen der DGE einhalten? – Nein, es sind nur Orientierungsgrößen
Siehe DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Kitas und DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Schulen - Wie kann ich den geforderten Bio-Anteil überprüfen? – Z.B. über Einkaufslisten und Abrechnungen. Siehe Bio kann jeder - nachhaltig essen in Kita und Schule
- Kann ich saisonale Ware aus der Region fordern? – Nein
- Kann ich Palmöl ausschließen? – Ja
- Kann ich eine reine Frischküche wünschen? – Ja
- Kann ich Unternehmen ausschließen, deren Unternehmenspolitik mir nicht gefällt? – Nein
- Kann ich eine vegetarische Verpflegung anbieten? – Ja
Anke Oepping, Leiterin des NQZ, zog ein positives Fazit: "Ich bin begeistert von dem angeregten Austausch und dankbar für den Austausch über die Ländergrenzen hinweg." Ilse Beneke, Leiterin der Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung im Beschaffungsamt des Bundesministeriums für Inneres (BMI) stellte fest: "Wir sind nicht mehr am Anfang, sondern mitten in einer Bewegung, die für unsere Kinder notwendig ist."
Weiterführende Informationen:
- DGE-Studie zu Kosten-und Preisstrukturen in der Schulverpflegung (KuPS) Kosten und Wirtschaftlichkeit der Schulverpflegung im Fokus – eine Handreichung für Schul- und Sachaufwandsträger
- Arbeitshilfen zum Schlagwort Vergabe und Ausschreibung
- Arbeitshilfen zum Schlagwort Nachhaltigkeit
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